Bedrohung? No way! Warum Vico (Virtual Companies) von KI profitieren

Künstliche Intelligenz kann viele Aufgaben schneller und sogar verlässlicher erledigen. Das bringt Unternehmen deutliche Produktivitätssteigerungen. Auch die Freiberufler können zu den Gewinnern gehören – wenn sie die neuen Möglichkeiten richtig nutzen.

Künstliche Intelligenz, so viel steht fest, wird unsere Arbeitswelt nachhaltig verändern. Weltweit nutzt bereits jedes zweite größere Unternehmen KI-Tools, so McKinsey im Jahresbericht „The State of AI in 2022“. In vielen Bereichen ist es schon Pflicht geworden, die mit KI verbundenen Produktivitätssteigerungen zu realisieren, wenn man auf dem Markt nicht den Anschluss verlieren will. Zu einem Schub hat in den vergangenen Jahren vor allem „Artificial Intelligence as a Service“ (AIaaS) geführt: schlüsselfertige KI-Tools, die einen einfachen Zugang zu komplexen Funktionen ermöglichen. Anwender können sie über Programmierschnittstellen nutzen, ohne Code schreiben zu müssen.

Natürlich hat ChatGPT, das im November 2022 veröffentlichte Chatbot-Programm von OpenAI, den Boom noch einmal richtig angeheizt. Eine aktuelle Befragung des IT-Verbands Bitkom bei 603 Unternehmen ergibt, dass jedes sechste (17 Prozent) den Einsatz solcher KI-Anwendungen plant, weitere 23 Prozent haben keine konkreten Planungen, können sich die Nutzung aber vorstellen. Damit zieht auch die generative KI in großem Stil ins Tagesgeschäft ein. Jetzt geht es nicht mehr nur darum, Prozesse zu optimieren und aus Daten neue Insights zu generieren. Nun ist es auch möglich, mit Hilfe von KI-Tools Texte zu schreiben, Bilder oder Logos zu entwerfen oder eine Melodie zu komponieren.

Bei den meisten unserer Vicos sind KI-Tools längst selbstverständliches Hilfsmittel geworden. Sie lassen ChatGPT Coptytexte verfassen, DeepL Texte übersetzen und Midjourney Bilder entwerfen. Sogar Schriftsteller setzen mit Sudowrite bereits ein kreatives Tool ein, wenn sie eine Schreibblockade haben.

Wie verbreitet KI-Tools bei Freiberuflern sind, zeigt eine Umfrage des Freelancer-Portals Freelancermap bei 854 Freiberuflern im deutschsprachigen Raum, die im Januar durchgeführt wurde. Danach nutzen bereits sechs von zehn Befragten aktiv Tools, die auf KI beruhen. Am häufigsten wird KI für die Informationssuche (53 Prozent) und zur Texterstellung (40 Prozent) eingesetzt. Das mit Abstand am häufigsten genutzte Tool ist ChatGPT, das bei 64 Prozent der KI-Anwender im Einsatz ist. Am stärksten können von KI-Tools die Bereiche Entwicklung/Tech/Data und wMarketing/Kommunikation profitieren.

Freelancer (als Teil einer Vico) setzen damit KI-Funktionalitäten schon häufiger ein als Unternehmen. Woran liegt das? Ein Grund dürfte die Produktivitätssteigerung sein, die damit verbunden ist. Da Freelancer pro Auftrag bezahlt werden, haben sie stärkeres Interesse an einer höheren Produktivität als Angestellte mit einem festen Einkommen. Da sie mehr Freiräume haben, sind sie technischen Innovationen gegenüber häufig auch aufgeschlossener. Zudem dauert es in Unternehmen in der Regel länger, bis KI-Systeme angeschafft und eingerichtet sind, als bei flexibleren Selbstständigen.

In vielen Unternehmen sieht es sogar danach aus, als seien freiberufliche Experten die Treiber, wenn es um die Einführung neuer Technologien wie KI geht. Das zeigt eine im April veröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Befragt wurden dazu im Frühjahr und Sommer 2022 knapp 900 Unternehmen aus dem Panel des IW. „Der Einsatz von Fremdpersonal ist ein Katalysator für die digitale Transformation auf Unternehmensebene“, heißt es im Resümee der Studie. Für diese Hypothese spreche erstens, dass IT-Fragestellungen mit zu den häufigsten Einsatzbereichen zählen. Zudem signalisierten die Analysen, dass freie Mitarbeiter/Solo-Selbstständige eine wichtige Rolle bei der Einführung von digitalen Grenztechnologien spielen. So gaben 28 Prozent der Befragten an, Solo-Selbstständige für die Umsetzung von Projekten im Bereich Innovation/Digitalisierung einzusetzen. 56 Prozent erwarten sich von ihnen generell den Zugang zu spezifischem Know-how.

Dass insbesondere die KI-Expertise von Freelancern gefragt ist, zeigt auch ein Blick in die USA. Das dortige Freelancer-Portal Fiverr verzeichnete in den vergangenen sechs Monaten einen Anstieg von 1400 Prozent bei KI-bezogenen Anfragen. „Wir sehen zunehmend auch Freiberufler, die Angebote erstellen, die mit der Welt der generativen KI zu tun haben, mit den neuesten Tools wie ChatGPT, GPT-3, Midjourney, Dall-E und Stable Diffusion“, zitiert das US-Portal Venturebeat Yoav Hornung, Head of Verticals and Innovation bei Fiverr. Die Unternehmen sind vor allem an Fachleuten für das sogenannte Prompting interessiert, also die Kommunikation mit der KI. Schließlich hängt die Qualität insbesondere bei der generativen KI davon ab, wie gut und genau die Aufgaben formuliert werden.

Bringt die Künstliche Intelligenz also goldene Zeiten für Vicos (Virtual Companies)? So einfach ist es nicht. Niemand redet gern darüber, aber mit KI fallen in den Unternehmen Aufgaben und damit auch Jobs weg. Diese Entwicklung kann auch bestimmte Bereiche der Freelancer-Community betreffen. Als gefährdet gelten insbesondere Blog-, SEO- und Copy-Writer, Proof Reader, Übersetzer, Korrektoren, Logo-Designer, Produktfotografen oder Daten-Analysten.

„Ich mache mir ehrlich gesagt Sorgen, dass Millionen von Menschen bis zum Ende des Jahres ohne Job sein werden“, erklärte kürzlich Melissa Shea, Mitbegründerin des Fashion-Professional-Netzwerks Fashion Mingle, gegenüber Forbes. „Ich habe noch nie einen besseren Schreiber als ChatGPT eingestellt.“ Bevor sie ChatGPT entdeckte, hat Shea regelmäßig Freelancer-Jobs über die Plattform Upwork vergeben – das ist nun vorbei.

Im Lager der Freiberufler gibt man sich optimistisch. Bei der bereits erwähnten Umfrage von Freelancermap sagen 65 Prozent der Befragten, dass Freelancer künftig nicht von KI ersetzt werden können – lediglich 18 Prozent bejahen das. Am ehesten Bereich sei eine Gefährdung in den Gebieten Grafik/Content/Medien (25 Prozent) und Marketing/Kommunikation (24 Prozent) vorstellbar.

Und was sagen die Arbeitgeber? In die Befragung wurden auch 184 Projektanbieter einbezogen. Hier geht mit 63 Prozent ebenfalls das Gros davon aus, dass die Freelancer nicht ersetzt werden. Auch die Projektanbieter erwarten eine Substitution am ehesten im Bereich Grafik/Content/Medien (24 Prozent), gefolgt von IT-Infrastruktur (21 Prozent).

Was bedeutet das alles für Vicos (Virtual Companies)? Sie sind auf jeden Fall gut beraten, sich frühzeitig mit neuen KI-Technologien vertraut zu machen, um ihre Produktivität zu steigern und vielleicht auch First-Mover-Vorteile einzufahren. Gleichzeitig können sie gegenüber ihren Auftraggebern in eine offensivere Position kommen, indem sie proaktiv den Einsatz von KI-Technologien empfehlen und vorantreiben. Wer in „gefährdeten“ Bereichen tätig ist, sollte die durch effizienteres Arbeiten gewonnenen Freiräume nutzen, um seine Expertise und das Angebotsportfolio auszubauen.

Auch Vicoland setzt mittlerweile KI-Technologien ein, die die Zusammenarbeit zwischen Kunden und Freelancern deutlich erleichtern.

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